Unscheinbar ist er, Heiko Wommelsdorfs Eingriff, und doch geradezu insistierend präsent. Auf den ersten Blick klein, doch insgesamt die größte Intervention der gesamten Ausstellung – und doch ganz zurückgenommen. Mitten im Ausstellungsraum hat Wommelsdorf – in einer Wand eingelassen – ein Belüftungsgitter angebracht, aus dem leise, surrende Geräusche kommen. Soweit alles ganz gewöhnlich – man ist versucht weiterzugehen, wäre da nicht diese Wand, die weder statisch-architektonisch noch ausstellungstechnisch Sinn zu machen scheint. Und so bleibt man stehen und riskiert einen zweiten Blick auf diese vermeintlich ungeschickte, doch wohl klimatechnisch notwendige Lösung. Luft dringt heraus, man spürt es, man hört es surren aus dem Inneren und leise klappert das leicht vibrierende Gitter.

Verharren wir ein wenig, so scheint jedoch die ganze Wand zum Resonanzkörper zu werden. Der kleine, hinter der Gitterverblendung befindliche Ventilator scheint die gesamte Trockenbauwand als Hohlkörper in Schwingung zu versetzen und so einen Klang zu erzeugen, der sich bei näherem Hinhören über den Raum ausbreitet und in keinem Verhältnis mehr zur kleinen Lüftung zu stehen scheint. Als Kunst identifiziert, erliegen wir der suggestiven Macht des institutionellen Rahmens und hören mehr und mehr (hinein). Je nach Standpunkt klingt es ein wenig anders. Aus dem Rauschen und Surren, wird Klang, der uns strukturiert variierend, ja weitaus mehr als gleichförmiger Rhythmus zu sein scheint. Wir gehen weiter – und spätestens von der Empore des Obergeschosses aus – verschmilzt das Geräusch mit dem Rauschen der Klimaanlagen der Kunsthalle.

Heiko Wommelsdorf gelingt es in „Abluft“ wie in vielen seiner raumbezogenen Installationen auf eine unverkrampft-subtile und humorvolle Weise Skulptur und Klangkunst zu verknüpfen. Wommelsdorfs akustische Dekontextualisierungen untersuchen verschiedene Fragen: Welche Eigenschaften hat der Raum? Was ist Klang? Was pures Geräusch? Wie beeinflusst der Präsentationskontext unsere Wahrnehmung… . Und vielleicht schwingt gar ein wenig Institutionskritik mit.


Hilke Wagner (Kunstverein Braunschweig)
über die Arbeit „Abluft“
In: muthesius preis für kunst, raum und design – dokumentation 2014, Muthesius Gesellschaft e.V., Kiel 2016