Heiko Wommelsdorfs Sound-Arbeiten verarbeiten Klänge aus dem Alltag des urbanen Lebens und verrücken sie in den Ausstellungskontext. Dort entwickeln sie ein Spannungsfeld zwischen vertrautem Geräusch und neuartiger Musik. Wommelsdorf entlockt seinem Material Töne, die ihre Herkunft als Alltagsklang ebenso hörbar machen wie ihre Entwicklung hin zum Tonkunstwerk. Die in der mhh-kestnerschau gezeigte Arbeit „E-Spieluhren“ (2011) bezieht den Ausstellungsraum mit ein. Modifizierte, motorisierte Spieluhren entlocken der Wand, an der sie angebracht sind, Klänge. Horchend begibt sich der Betrachter auf die Suche nach dem flüchtigen Klang und seinem Ursprung. Dieser Ursprung wird durch die präsentierten Spieluhren zur Schau gestellt und ist zugleich verborgen. Die Töne scheinen aus der Wand heraus zu kommen und tatsächlich hat die Wand als Resonanzkörper großen Anteil an der Klangerzeugung.

Heiko Wommelsdorf schickt den Betrachter also auf eine Expedition nach dem ephemeren Klang, entlang an den Grenzen von Musik und Geräusch: Das Vorgefundene, nicht Planbare auf der einen und das Komponierte, absichtsvoll Gestaltete auf der anderen Seite. In diesem Grenzbereich bewegen sich Wommelsdorfs Installationen und stellen so die Unterscheidung von Musik und Geräusch in Frage, indem sie etwas darstellen, das beides ist: Rauschen des Materials auf der einen und Klangkunst auf der anderen Seite. Wommelsdorfs Klangobjekte erschüttern die gängigen Begriffe von Musik und Geräusch und stellen die Grenzen der Wahrnehmung und unserer Begriffe dafür in Frage.


Janna Schielke (mhh-kestnerschau)
über die Arbeit „E-Spieluhren“ 2012